Wichtigste Gesetzesänderungen per 01.01.2025
- Zivilprozessordnung (Art. 98 und 210 ZPO): Kostenvorschuss und Schlichtungsverfahren
Die maximale Höhe des Kostenvorschusses sowie der Streitwert für Entscheidvorschläge der Schlichtungsbehörde im Schlichtungsverfahren wurden per 1.1.2025 angepasst.
Das Gericht kann von einer klagenden Partei die Leistung eines Kostenvorschusses verlangen. Da bisher der Kostenvorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten betragen konnte, stellte dies für die klagende Partei oft eine grössere Hürde dar. Neu kann das Gericht von der klagenden Partei nur noch einen Kostenvorschuss von höchstens der Hälfte der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen.
Bisher konnte die Schlichtungsbehörde den Parteien im Schlichtungsverfahren bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 5'000 einen Entscheidvorschlag unterbreiten. Neu kann die Schlichtungsbehörde einen Entscheidvorschlag bei Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 10'000 unterbreiten. - Opferhilfegesetz (Art. 20 und 23 OHG): Höherer Schadensersatz und Genugtuung für Opfer
Wer Opfer einer Straftat wird hat Anspruch auf Unterstützung nach dem Opferhilfegesetz. Vorgesehen sind dafür unter anderem Entschädigung und Genugtuung (Schmerzensgeld). Die Maximalentschädigung wird neu per 1.1.2025 von CHF 100'000 auf CHF 130'000 angehoben. Opfer können neu eine Genugtuung von CHF 76'000 statt CHF 70'000 und ihre Angehörigen eine Genugtuung von CHF 38'000 statt 35'000 verlangen. - AHV-Renten (Art. 34 AHVG): Steigung der Renten
Die Höhe der AHV-Renten sind per 1.1.2025 angestiegen. Dies führt auch zu einer Erhöhung der Hinterlassenenrenten und der Beträge für die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften.
Neu beträgt die minimale Altersrente CHF 1'260 statt CHF 1'225. Die Maximalrente beträgt neu CHF 2'520 statt CHF 2'450. Mit dem Anstieg der Höhe der AHV-Renten erhöhen sich zudem auch die Hilflosenentschädigung der AHV und IV, der Intensivpflegezuschlag und der Assistenzbeitrag.
Die minimale Hinterlassenenrente für Witwen und Witwer steigt neu von CHF 980 auf CHF 1'008 an. Die maximale Hinterlassenenrente steigt neu von CHF 1'960 auf CHF 2'016 statt an.
Die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften betragen neu CHF 45'360 statt CHF 44'100. - Familienzulagen (Art. 5 FamZG): Höhere Mindestansätze der Familienzulagen
Das Bundesgesetz über Familienzulagen (FamZG) gibt einen nationalen Rahmen für die Familienzulagen vor, nach dem die Kantone ihre Gesetzgebung richten müssen. So werden im FamZG auch die Mindestsätze für die Kinder- und Ausbildungszulagen festgehalten. Die Mindestsätze für Kinderzulagen werden neu von monatlich CHF 200 auf CHF 215 und die Mindestsätze für Ausbildungszulagen von monatlich CHF 250 auf CHF 268 erhöht. - Ordnungsbussen (Bussenliste 1 und 2 OBV): Laufender Motor und Verhüllungsverbot
Per 1.1.2025 wurde auch die Ordnungsbussenliste des Bundes ergänzt.
Das unnötige Vorwärmen des Motors eines stillstehenden Fahrzeugs wurde bisher mit CHF 60 gebüsst. Neu beträgt die Ordnungsbusse dafür CHF 80.
Neu dazugekommen ist der Tatbestand des unnötigen Laufenlassens des Motors eines stillstehenden Fahrzeugs, der zu einer Ordnungsbusse von CHF 80 führt.
Die Bussenliste 2 wurde durch den Tatbestand des Verhüllens oder Verbergens des Gesichts an öffentlichen oder privaten Orten, die der Allgemeinheit offensteht, ergänzt, der mit einer Ordnungsbusse von CHF 100 gebüsst wird. Zudem wurde in der Bussenliste 2 auch das unbewilligte Verhüllen des Gesichts an öffentlichen Orten mit einer Busse von CHF 100 aufgenommen. Ausnahmen davon sind bspw. Flugzeuge oder Gotteshäuser.
Wird das Gesicht jedoch so verborgen, dass die Gesichtszüge nicht erkennbar sind, ist es kein Fall nach Ordnungsbussenliste mehr. Dann kann diese Handlung gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes über das Verbot der Verhüllung des Gesichts (BVVG) mit einer Busse bis zu CHF 1'000 bestraft werden. - Berufliche Vorsorge (Art. 2, 7 und 8 BVG): Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug
Per 1.1.2025 werden die Eintrittsschwelle und der Koordinationsabzug der obligatorischen Versicherung der zweiten Säule angehoben.
Um der obligatorischen Versicherung der zweiten Säule zu unterstehen, müssen angestellte Arbeitnehmer einen bestimmten Jahreslohn erzielen (sog. Eintrittsschwelle). Die Eintrittsschwelle wird per 1.1.2025 von CHF 22'050 auf CHF 22'680 erhöht. Angestellte Arbeitnehmer müssen neu nun einen Jahreslohn von mindestens CHF 22'680 erzielen, um der obligatorischen Versicherung der zweiten Säule zu unterstehen.
Mit dem Koordinationsabzug ist der Betrag gemeint, der für die Berechnung der Beiträge vom AHV-pflichtigen Lohn abgezogen wird. Der Abzug errechnet den versicherten Lohn, auf welchen die Pensionskasse sodann ihre Prämien erheben wird. Der Koordinationsabzug erhöht sich neu von CHF 25’725 auf CHF 26’460 Franken. - Säule 3a (Art. 7a BVV 3): Nachzahlungen unter strengen Bedingungen
Bisher konnten Einzahlungen in die Säule 3a nicht im nachfolgenden Jahr noch nachgeholt werden. Per 1.1.2025 ist es unter bestimmten Bedingungen möglich, Nachzahlungen in die Säule 3a vorzunehmen. Nachzahlungen leisten darf jedoch nur, wer im betreffenden Jahr bereits den zulässigen Maximalbetrag in die Säule 3a eingezahlt hat. Das Nachzahlen ist zudem nicht rückwirkend für vor dem Jahr 2025 entstandene Lücken und daher erst für nach 2025 entstandene Lücken möglich. - Krankenversicherung (Art. 100 KVV): Wechsel der Krankenkassen-Modelle unter dem Jahr
Versicherte, welche eine Versicherung mit freier Wahl der Leistungserbringen bei ihrer Krankenkasse abgeschlossen haben, können neu beim eigenen Versicherer auch unterjährig in ein Modell mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer – beispielsweise Hausarzt-, HMO- oder Telemedizin-Modell – wechseln. Der unterjährige Wechsel zu einem anderen Versicherer bleibt jedoch weiterhin nur auf Ende des Kalenderjahres möglich. - Verordnung des EFD über die steuerbefreite Einfuhr:
Die Wertfreigrenze für mehrwertsteuerfreie Einfuhren sinkt von CHF 300 auf CHF 150. Neu dürfen daher bei Einkäufen im Ausland nur noch Waren im Wert von CHF 150 pro Tag und Kopf mehrwertsteuerfrei in die Schweiz eingeführt werden. - Zivilgesetz (Art. 105a und 106 ZGB): Schutz Minderjähriger vor Zwangsehen
Der Schutz minderjähriger Personen vor Zwangsheirat wurde verschärft.
Personen, welche minderjährig im Ausland verheiratet wurden, können die Ehe in der Schweiz mit einer Ungültigkeitsklage von einem Gericht als ungültig erklären lassen. Die Ungültigkeitsklage steht diesen Personen neu bis zum 25. Geburtstag offen.
Minderjährige sollen besonders auch gegen Zwangsheirat in den Sommerferien im Ausland geschützt werden. Solche neu im Ausland geschlossene Minderjährigenheiraten werden daher in der Schweiz nicht mehr anerkannt. - Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Art. 50 AIG): Neuerungen für Opfer häuslicher Gewalt
Neu erhalten Opfer von häuslicher Gewalt gemäss Art. 50 AIG eine eigenständige Aufenthaltsbewilligung oder eine Verlängerung ihrer bestehenden Aufenthaltsbewilligung, wenn sie sich von einem gewalttätigen Partner*in mit einer Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B), einer Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L) oder von vorläufig aufgenommenen Personen mit Ausweis F trennen. Zudem sind bei der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Opfer auch negative Folgen von häuslicher Gewalt oder Zwangsheirat für die Opfer angemessen zu berücksichtigen. Diese neue Bestimmung soll verhindern, dass Opfer von häuslicher Gewalt sich nur wegen aufenthaltsrechtlichen Gründen nicht von gewalttätigen Partner*innen trennen.
In Art. 50 Abs. 2 AIG werden dazu präzise einige Indizien genannt, welche Hinweise auf das Vorliegen von häuslicher Gewalt geben können und damit für das Opfer zu einem eigenen Aufenthaltstitel führen oder bei der Verlängerung des Aufenthaltstitel berücksichtigt werden müssen. Folgende Hinweise werden in Art. 50 Abs. 2 AIG namentlich aufgezählt:
- die Anerkennung als Opfer im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Opferhilfegesetzes durch die dafür zuständigen Behörden,
- die Bestätigung einer notwendigen Betreuung oder Schutzgewährung durch eine auf häusliche Gewalt spezialisierte und in der Regel öffentlich finanzierte Fachstelle,
- polizeiliche oder richterliche Massnahmen zum Schutz des Opfers,
- Arztberichte oder andere Gutachten,
- Polizeirapporte und Strafanzeigen, oder
- strafrechtliche Verurteilung des gewalttätigen Partners bzw. Partnerin
- die Anerkennung als Opfer im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Opferhilfegesetzes durch die dafür zuständigen Behörden,
- Internationales Erbrecht: Mehr Gestaltungsspielraum im Erbrecht
In der Schweiz wohnhaften Doppel- oder Mehrfachbürgern und Auslandschweizern erhalten mehr Flexibilität bei der Wahl des für sie geltenden Erbrechts sowie der Zuständigkeit der Behörden.
In Schweiz wohnhafte Doppel- oder Mehrfachbürger unterstehen nicht mehr zwingend dem schweizerischen Erbrecht. Sie können in einem Testament oder einem Erbvertrag festhalten, dass sie das ausländische Erbrecht eines ihrer Heimatsländer wählen.
Im Todesfall eines Schweizer Staatsbürgers mit letztem Wohnsitz im Ausland untersteht der Nachlass dem Erbrecht, auf welches das Kollisionsrecht des ausländischen Wohnsitzstaates verweist. Kommt es dabei aber zu Zirkelschlüsseln, bei welchen wiederum auf das schweizerische Kollisionsrecht verwiesen wird, kommt in diesen Fällen das Erbrecht des ausländischen Wohnsitzstaates automatisch zur Anwendung.
Im Ausland wohnhafte Schweizer Staatsbürger können neu, unabhängig des für sie geltenden Erbrechts, die Zuständigkeit der Schweizer Behörde bei ihrem Todesfall wegbedingen.
Dies ist grundsätzlich auch für ausländische Staatsbürger mit Wohnsitz in der Schweiz möglich. Sie müssen jedoch zum Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung (Testament oder Erbvertrag) oder im Zeitpunkt ihres Todes die ausländische Staatsbürgerschaft haben. - Wichtige Änderungen im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht ab 01.01.2025
Eine wichtige Neuerung betrifft den Einzug von Abgaben und Steuern: Bisher war dies nur über die Betreibung auf Pfändung möglich (Art. 43 Ziff. 1 SchKG), unabhängig davon, ob der Schuldner gemäss Art. 39 SchKG der Betreibung auf Konkurs unterlag. Diese Bestimmung wird nun aufgehoben.
Die Änderungen sind Teil eines umfassenden Gesetzespakets des Bundesrats zur Bekämpfung missbräuchlicher Konkursverfahren. Sie betreffen nicht nur das Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG), sondern auch das Obligationenrecht (OR), das Strafgesetzbuch (StGB) sowie das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG).
Ausgewählte Änderungen im Überblick:
Pflicht zur Anzeige von Konkursdelikten: Die Konkursbehörden sind künftig verpflichtet, festgestellte Konkursdelikte den Strafverfolgungsbehörden zu melden (Art. 11 Abs. 2 nSchKG).
Nichtigkeit von Aktienübertragungen: Die Übertragung von Aktien oder die Abtretung von Stammanteilen bei überschuldeten Gesellschaften ohne Geschäftstätigkeit und ohne verwertbare Aktiven wird als nichtig erklärt (Art. 684a und 787a nOR).
Verbot des Verzichts auf eingeschränkte Revision: Es wird künftig untersagt, rückwirkend auf eine eingeschränkte Revision zu verzichten (Art. 727a Abs. 2 und 2bis nOR).
Personensuche im Handelsregister: Das Handelsregister wird künftig die Möglichkeit zur Personensuche bieten (Art. 928b nOR).
Diese Änderungen sind nur ein Teil der umfassenden Änderungen, die ab 2025 in Kraft treten.