Gesetzesänderungen per 01.01.2023

1. Erbrecht (Art. 471 und 472 ZGB): Flexibilität bei der Nachlassplanung

Bei der Planung Ihres Nachlasses profitieren Sie von einem grösseren Spielraum.

  • Der Pflichtteil der Kinder beträgt neu die Hälfte statt drei Viertel des Nachlasses. Der Pflichtteil der Eltern entfällt ganz. Ebenfalls entfällt der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten bei laufendem Scheidungsverfahren.
  • Neu kann dem überlebenden Ehegatten der Nachlass hälftig als Eigentum und hälftig als Nutzniessung zugewendet werden. Bisher war das Verhältnis ein Viertel zu Eigentum und drei Viertel als Nutzniessung.
  • Schenkungen können zukünftig angefochten werden, wenn sie einem bestehenden Erbvertrag widersprechen.
  • Lesen Sie unseren ausführlichen Ratgeber zur Erbrechtsrevision

2. Aktienrecht: Flexibilisierung und Stärkung von Minderheitsrechten

Die Gründungs- und Kapitalvorschriften werden flexibilisiert und die Rechte der Minderheitsaktionäre verbessert.

  • Das revidierte Aktienrecht erlaubt mehr Spielraum bezüglich Aktienkapital und Dividenden. Aktiengesellschaften können neu ein sogenanntes Kapitalband mit einer Bandbreite von plus 50% bzw. minus 50% des eingetragenen Aktienkapitals einführen. Im Rahmen des Kapitalbands kann der Verwaltungsrat das Aktienkapital innerhalb von maximal fünf Jahren herabsetzen oder erhöhen. Zukünftig darf das Aktienkapital in einer für die Geschäftstätigkeit wesentlichen Fremdwährung lauten.
  • Aktionäre, die zusammen über mindestens 10 % des Aktienkapitals oder der Stimmen verfügen, können vom Verwaltungsrat schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen. Die Auskunft muss innert 4 Monaten erteilt und an der nächsten Generalversammlung offengelegt werden. Aktionäre, die zusammen mindestens über 5 % des Aktienkapitals oder der Stimmrechte verfügen, dürfen in Geschäftsbücher und Akten Einsicht nehmen, sofern es für die Ausübung der Aktionärsrechte erforderlich ist. Sie dürfen sich bei der Einsichtnahme Notizen machen. Schützenswerte Interessen der Gesellschaft bleiben vorbehalten. Gegen die Verweigerung der Auskunft oder der Einsichtnahme durch den Verwaltungsrat (die von diesem schriftlich begründet werden muss), kann innert 30 Tagen das Gericht angerufen werden. Das Traktandierungs- und Antragsrecht der Aktionäre, sowie das Recht, die Einberufung einer Generalversammlung zu verlangen, werden erleichtert.
  • Neu dürfen Generalversammlungen virtuell abgehalten werden, wobei eine entsprechende Statutenbestimmung nötig ist. Der Verwaltungsrat wird zukünftig Zirkulationsbeschlüsse per E-Mail fassen können.
  • Den aktuellen Text des Aktienrechts finden Sie hier.

3. Grundbuch (Art. 949b und Art. 949c ZGB): Zweifelsfreie Identifizierung von Eigentümern

Die Grundbuchämter verwenden neu die AHV-Nummer zur Identifikation. Dies erlaubt die zweifelsfreie Feststellung eines Eintrages im Grundbuch und über welche Rechte die jeweilige Person verfügt. Die AHV-Nummer ist nur für Behörden einsehbar und nicht öffentlich zugänglich.

4. Mehrwertsteuer (Art. 10 Abs. 2 Bst. c MWSTG): höhere Freigrenzen für Sport- und Kulturvereine

Von der Steuerpflicht befreit werden gemeinnützige, ehrenamtlich geführte Sport- und Kulturvereine sowie karitative Institutionen mit einem Umsatz von weniger als CHF 250'000. Zuvor lag die Grenze bei CHF 150'000.

5. Adoptionsurlaub (Art. 329j OR): wer adoptiert bekommt bezahlten Urlaub

Neu besteht die Möglichkeit einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub zu nehmen, sofern das aufgenommene Kind unter 4 Jahre alt ist. Die Elternteile können bei gemeinsamer Erwerbstätigkeit den Urlaub aufteilen, nicht aber gemeinsam beziehen. Zudem muss er innerhalb eines Jahres stattfinden. Das Taggeld, welches über die Erwerbsersatzordnung entschädigt wird, beträgt 80 % des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, höchstens aber CHF 196 pro Tag.

6. Bankengesetz und Verordnung (Art. 37a Abs. 1 und 7 BankG / Art. 42a BankV): Einlagenversicherung wird verbessert.

Neu werden Insolvenzbestimmungen für Banken auf Gesetzesstufe verankert und die Einlagensicherung gestärkt. Im Fall des Konkurses einer Bank schützt das System der Einlagensicherung Guthaben von Kunden bis CHF 100’000 vor dem Verlust. Zudem wird bei mehreren Inhabern eines Kontos die Gemeinschaft wie ein eigener separater Kunde behandelt.